Hach, das Amsterdamer Rotlichtviertel. Besoffene Engländer auf Junggesellenabschied, bekiffte spanische Studenten auf der Suche nach rosa glasierten Donuts, neugierige deutsche Hausfrauenclubs und das eine oder andere vieze mannetje – so ungefähr sieht das Straßenbild aus. Glaubt man manch einem Einheimischen, ist das ein possierlicher Mix, der das Lokalkolorit ausmacht. Jacques-Brel-Romantik und so. Glaubt man jedoch dem Stadtrat, ist das eine ziemlich kriminelle Mischung inklusive Frauenhandel und noch viel mehr Unerfreulichem.
Deshalb hat die Stadt vor einigen Jahren angefangen, ehemalige Prostitutionsfenster unter dem Projektnamen Red Light Design an Jungdesigner zu vermieten. Das waren noch sehr vereinzelte Eingriffe, die man wirklich suchen musste. Inzwischen ist aber eine neue Entwicklung im Gange, die man als Wiederentdeckung des Rotlichtviertels durch die Amsterdamer bezeichnen könnte. Zwölf Jahre wohne ich jetzt hier, und mit Ausnahme der Chinatown oder des Nieuwmarkt habe ich immer einen großen Bogen um die Gegend gemacht. Aber auf einmal gibt es tatsächlich Gründe, die Wallen freiwillig anzusteuern. Sie heißen Mata Hari, Anna, Meatballs, Metropolitan Deli oder Brouwerij De Prael und sind allesamt neue Restaurants oder Bars, die sich ganz bewusst zwischen Sexshows und Blowtels (= Billighotels für Kifftouristen) ansiedeln. Allmählich wird die Mischung sehr attraktiv. Ich wage hiermit die Vorhersage: Die Gentrifizierung des Amsterdamer Rotlichtviertels steht vor der Tür. Bin gespannt, wie lange es dauern wird, bis britische Zeitungen heruntergekommene Häuser an den Wallen als erstklassige Geldanlage empfehlen.